Tafel 7 | Bonner Republik: Totalitarismusideologie

Totalitarismustheorie und Radikalenerlass

"Radikalenerlass und Berufsverbote - Eine zeithistorische Einordnung" von Prof. Wolfgang Wippermann, Göttingen, 17.März 2012, GEW-Veranstaltung „40 Jahre Radikalenerlass“  (Auszug)

„Was ist die Wurzel des Radikalenerlasses? Die Wurzel des Radikalenerlasses ist das Prinzip oder das Bekenntnis der Bundesrepublik Deutschland eine ´wehrhafte Demokratie` zu sein. ´Wehrhafte Demokratie`… wehrhaft wogegen? Gegen den Totalitarismus. Nun fragen Sie mich nicht, was der Totalitarismus ist, der ist nämlich Schwachsinn. Alle Totalitarismustheorien  konnten durch die empirische Forschung nicht bestätigt werden …

Zwischenruf  Dr. Hajo Dröll: „Totaler Schwachsinn!“  - anhaltende Erheiterung -

…  Sehr richtig! – Nein, die Steigerung ist eine Ideologie, eine Ideologie und zwar eine sehr gefährliche Ideologie. Was ist der Inhalt dieser Ideologie, dem Totalitarismustheorem, das sich faschistische und kommunistische Staaten ähneln oder gleich seien. Faschismus gleich Kommunismus – Rot gleich Braun. Im Verständnis  der Bundesrepublik und der ´Wehrhaften Demokratie` werden jetzt aber nicht Staaten gleichgesetzt, sondern ´Links` und ´Rechts` und suggeriert, dass die Demokratie immer nur von ´Links` und ´Rechts` bedroht wird und überwunden wird. Und niemals von ´Oben` oder aus der ´Mitte` der Gesellschaft, wie das in der Weimarer Republik der Fall gewesen ist. Nämlich 1930 war die Weimarer Republik schon keine funktionierende parlamentarische Demokratie mehr, weil Zentrums-Mensch, Zentrum (sic!), Brüning  regierte ohne Parlament. 1932 war die Weimarer Republik nur noch eine Präsidialrepublik unter Papen, und Schleicher wollte eine Militärdiktatur. Alle sind offensichtlich nicht extremistisch. Linksextremistisch schon gar nicht. Diese Ideologie, die Totalitarismusideologie wurde allerdings in das Grundgesetz eingefügt … aber die Staaatsideologie und der Grundgedanke des Grundgesetzes ist die Totalitarismustheorie nämlich, dass die Demokratie immer von Links oder Rechts zerstört wird. Und nicht, wie ich eben sagte, auch von oben oder aus der Mitte der Gesellschaft. Hinzu kommt, dass der Kernbegriff, der andere Kernbegriff des Grundgesetzes, „Freiheitlich Demokratische Grundordnung“ nicht positiv definiert wurde, sondern negativ, durch die Abgrenzung von irgendwelchen totalitären Bestrebungen oder auch Bewegungen …  Im Kommentar von Maunz, Düring, Herzog, Scholz, Herzog war Präsident, Maunz war der Faschist und Berater der DVU, in diesem Kommentar heißt es, dass die  in § 18 erwähnte Freiheitliche Demokratische Grundordnung  als Gegenposition zum Totalitarismus zu verstehen sei und dies verpflichte den Staat dazu, alle auf den Totalitarismus abzielenden Bestrebungen von vornherein zu verhindern. Das ist die Wurzel des Radikalenerlasses …“

GEW-Veranstaltung "40 Jahre Radikalenerlass" in Göttingen, 17. März 2012: "Radikalenerlass und Berufsverbote - Eine zeithistorische Einordnung" von Prof. Wolfgang Wippermann