Nach dem Sturz Napoleons sammelten sich im September 1814 die Vertreter fast aller europäischen Länder, um über die Neuordnung des Kontinents nach der Französischen Revolution und den napoleonischen Kriegen zu beraten. Der sogenannte „Wiener Kongress“ beriet unter der Führung von Fürst von Metternich auch über die Neuordnung des ehemaligen „Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation“. Am 8. Juni 1815 wurde der sogenannte Deutsche Bund gegründet. In 20 Artikeln wurden die Grundzüge der neuen Organisation Deutschlands und der Verfassungsrahmen des Deutschen Bundes festgelegt. Dem Deutschen Bund gehörten 35 souveräne Fürstentümer und vier Freie Städte an, in Teilen auch Österreich und Preußen. „Unter der Führung Österreichs entwickelte sich der Staatenbund zu einem Vollzugsorgan der Restauration und Aufrechterhaltung der monarchischen Legitimität und Ordnung“.1
Nach der Ermordung des Schriftstellers August von Kotzebue (1761-1819) durch den Studenten und Burschenschaftler Karl Ludwig Sand (1795-1820) am 23. März 1819 berief Metternich im August 1819 die die Vertreter des Deutschen Bundes nach Karlsbad (Böhmen). „Als Verteidiger der europäischen Restaurationspolitik und einer losen Gemeinschaft der deutschen Staaten war Kotzebue für viele liberal und national Gesinnte geradezu die Personifizierung reaktionärer Politik gewesen“.2
Metternich nutzte den Mord an Kotzebue, repressive obrigkeitsstattliche Maßnahmen durchzusetzen. Dazu gehörten die Überwachung der Universitäten, die Einschränkung der Lehrfreiheit, die Entlassung national revolutionär gesinnter Lehrkräfte, das Verbot von Burschenschaften, die Einschränkung der Meinungsfreiheit, eine allgemeine Pressezensur, die Einrichtung einer Zentraluntersuchungskommission in Mainz sowie die Regelung des militärischen Einsatzes des Deutschen Bundes bei politischen Unruhen in den Einzelstaaten.
Originaltexte zu den Karlsbadern Beschlüssen findet man hier: http://www.heinrich-heine-denkmal.de/dokumente/karlsbad.shtml
Mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Fricke
1,2 Quelle: LEM0, Arnulf Scriba, Deutsches Historisches Museum, September 2014, https://www.dhm.de/lemo/kapitel/vormaerz-und-revolution/deutscher-bund.html
Juni-Revolution 1830 in Frankreich, eine bürgerliche Revolution in Belgien 1830/31, die Trennung Belgiens von den Niederlanden, der Novemberaufstand in Polen 1830/31, das Hambacher Fest im Mai 1832 bedrohten die vom Wiener Kongress 1815 unter Führung von Metternich neu geschaffene restaurative Ordnung Mitteleuropas.
Im Juni 1832 ergingen zunächst die „Sechs-Artikel“, die die Rechte der Volksvertretungen in den konstitutionellen Monarchien der Staaten des Deutschen Bundes entschieden einschränkten und eine einheitliche Auslegung der Verfassung entsprechend der Bundesgesetze festlegten. Dadurch wurden nationale Rechte und Willensentscheidungen der Einzelstaaten erheblich eingeschränkt.
In einem zweiten Beschluss ergingen die „Zehn Artikel“ vom 5. Juli 1832, die zur Aufrechterhaltung „der öffentlichen Ruhe“ und „gesetzlichen Ordnung“ innerhalb des Deutschen Bundes dienen sollten. Die Gründung von politischen Vereinen oder solchen, die unter anderem Namen politische Zwecke verfolgten, politische Versammlungen und Feste, wie das Wartburgfest oder das Fest am Hambacher Schloss, organisierten, wurden verboten. Ebenso wurde die Redefreiheit eingeschränkt. Das öffentliche Reden auf Versammlungen oder das Abfassen und Verbreiten politischer Aufrufe wurde unter Strafandrohung verboten.
Die „Zehn Artikel“ enthielten das Verbot, Schriften aus nicht dem Deutschen Bund angehörenden Staaten ohne Genehmigung der Regierung zu verbreiten. Die Regierungen wurden zur „fortwährenden genauesten polizeiliche Wachsamkeit auf Einheimische, welche durch öffentliche Reden, Schriften oder Handlungen ihre Teilnahme an aufwieglerischen Planen kund“ tun, angehalten. Ein Datenaustausch über Extremisten wurde vereinbart.1
1 Quelle: Deutsche Geschichte in Bildern und Dokumenten (DGDB) „Vom Vormärz zur Preußischen Vorherrschaft (1815 bis 1866) – Die „Sechs Artikel“ (28. Juni 1832) und die „Zehn Artikel“ 5. Juli 1832) http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/docpage.cfm?docpage_id=150 | am 7.10.2016
Das Königreich Hannover wurde bis Juni 1837 in Personalunion von König Wilhelm IV. von Großbritannien und Hannover geführt. Nach langen Verhandlungen (1830 bis 1833) trat 1833 im Königreich Hannover ein Staatsgrundgesetzt in Kraft, welches Hannover zu einem relative liberalen Staat innerhalb des Deutschen Bundes machte. Es wurde unter anderen vom Staatsrechtler und Historiker Christoph Fridrich Dahlmann entwickelt, der als Vertreter der Universität Göttingen in der Zweiten Ständekammer saß. Der Nachfolger Königs Wilhelms IV wurde sein Bruder Ernst August, der am 1. November 1837 das Staatsgrundgesetz außer Kraft setzte. Entgegen seiner Hoffnung innerhalb des Senats eine breite Unterstützung für seine „Protestation“ zu finden, erreichte Christoph Fridrich Dahlmann nur sechs weitere Professoren, die die Schrift unterzeichneten: der Jurist Wilhelm Eduard Albrecht, der Theologe und Orientalist Georg Heinrich August Ewald, der Historiker Georg Gottfried Gervinus, die Germanisten Jakob und Wilhelm Grimm und der Physiker Wilhelm Weber. Alle wurden am 14. Dezember 1837 deswegen ihrer Ämter enthoben, Dahlmann, Grevinus und Jakob Grimm des Landes verwiesen und mussten binnen dreier Tage Göttingen verlassen. „Die Tatsache, dass die Sieben ihren Eid auf die Verfassung über die Treue zu ihrem Landesherrn stellten und dafür einschneidende persönliche Nachteile in Kauf nahmen, beförderte in hohem Maße die Entwicklung des Konstitutionalismus und Liberalismus in Deutschland und war daher eine wichtige Voraussetzung für die Revolution von 1848 und das „Professorenparlament“ der Paulskirche.
Der publizistische Widerhall, den ihr Mut, ihre Standhaftigkeit und Zivilcourage überall in Europa fand, trug entscheidend zur Schaffung einer liberalen Öffentlichkeit in Deutschland bei“.1
Quelle: Georg-August-Universiät Göttingen www.uni-göttingen.de „Gekürzte Zusammenfassung aus: Ulrich Hunger: Die Georgia Augusta als hannoversche Landesuniversität. Von ihrer Gründung bis zum Ende des Königreichs, in: Böhme, Ernst u. Vierhaus, Rudolf (Hg.): Göttingen. Geschichte einer Universitätsstadt Bd. 2: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluss an Preußen. Der Wiederaufstieg als Universitätsstadt (1648-1866), Göttingen 2002, S. 139-213, hier 197ff.; Jörg H. Lampe: Politische Entwicklungen in Göttingen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Vormärz, ebenda, S. 43-102, hier 91 ff.) auf https://www.uni-goettingen.de/de/die-g%C3%B6ttinger-sieben/30770.html
gef. 7. Oktober 2016
Reichs-Gesetzblatt | No. 34.
"Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie", S. 351
(Nr. 1271) „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ vom 21. Oktober 1878“. „Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen I verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§1
Vereine, welche durch sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung bezwecken, sind zu verbieten.
Dasselbe gilt von Vereinen, in welchen sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische auf Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Bestrebungen in einer den öffentlichen Frieden, insbesondere die Eintracht der Bevölkerungsklassen gefährdenden Weise zu Tage treten. Den Vereinen stehen gleich Verbindungen jeder Art. (…)“
Die Sozialistengesetze umfassten dreißig Paragraphen, die jährlich erneut vorgelegt und modifiziert wurden. Sie galten von 1878 bis 1890. Sie sind als unmittelbare Reaktion auf die sich immer stärker entwickelnde Arbeiterbewegung, der Arbeitervereine und Parteien zu verstehen.