Tafel 13 | Bonner Republik: Einzelne waren betroffen – viele waren gemeint

Betroffen: Auch Mitarbeiter der Post 

Herbert Bastian

1959 Beginn der beruflichen Laufbahn als Postjungbote im einfachen Dienst in Marburg, 1962 Postschaffner zur Anstellung, 1972 Posthauptschaffner und Beamter auf Lebenszeit. Die dienstlichen Beurteilungen waren jeweils einwandfrei. Für die damalige Postgewerkschaft wurde er immer wieder zum Vertrauensmann gewählt. Auch noch nach der Einleitung von Vorermittlungen und während des Disziplinarverfahrens wurde ihm dies bescheinigt. Zum 25jährigen Dienstjubiläum erhielt er eine anerkennende Urkunde, aber die sonst übliche Geldprämie verweigerte man wegen des Disziplinarverfahrens.

Anfang der 1970er Jahre trat Herbert Bastian in die DKP ein. Ab 1974 kandidierte er wiederholt mit Erfolg für die DKP zum Marburger Stadtparlament. Er wollte nicht nur Vertrauensmann im Betrieb, sondern auch Vertrauensmann für seine Nachbarschaft und seine Marburger Mitbürgerinnen und Mitbürger sein.
1979 begannen die Vorermittlungen zu einem Disziplinarverfahren.

1982 lieferte Herbert Bastian eine Reihe von Beweisanträgen zu seinen politischen Auffassungen, seinem dienstlichen Verhalten und zu seiner Tätigkeit als Stadtverordneter. Sie wurden als „nicht sachdienlich“ zurückgewiesen.

Anfang 1983 wurde ein förmliches Disziplinarverfahren durch den Bundesminister für Post- und Fernmeldewesen eingeleitet. Angelastet wurden ihm die Mitgliedschaft in der DKP und Aktivitäten für die Partei.

Es folgten mehrere Anhörungen zur politischen Gesinnung.

Im August 1984 kündigte der Dienstellenleiter an, dass beabsichtigt sei, ihn „aus dem Dienst zu entfernen“. Ihm wurde gesagt, dass er das Verfahren beeinflussen könne, wenn er die Tätigkeit für die DKP einstelle.“ Es wird dazu festgestellt, dass das Mandat nicht mehr für die DKP wahrgenommen werden kann…“ Herbert Bastian reagierte daraufhin mit einer Strafanzeige gegen die verantwortlichen Dienstvorgesetzten wegen Nötigung.

Ende 1984 ordnete der Bundesminister die vorläufige Dienstenthebung sowie eine 20-prozentige Kürzung der Bezüge an. 

1986 stellte das Bundesdisziplinargericht Herbert Bastian vom Vorwurf der Treuepflichtverletzung frei.
1987 wurde dieses Urteil nach der  Berufung des Bundesdisziplinaranwalts durch das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben und die „Entfernung aus dem Dienst“ verfügt. Damit verlor er neben seinem Arbeitsplatz auch seinen Anspruch auf Pension.

Herbert Bastian erhielt  umfängliche solidarische Unterstützung: aus der  Partnerstadt Poitier, aus Holland, aus England und den damaligen sozialistischen Staaten. Darüber hinaus waren besonders wichtig der Rechtschutz durch die Gewerkschaft, die Tätigkeit des Komitees gegen Berufsverbote und die finanzielle Hilfe durch den Heinrich-Heine-Fonds.

Der heutige Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, wurde explizit wegen seiner  Solidarität für Herbert Bastian vom Verfassungsschutz überwacht und konnte dies erst vor rund zwei Jahren abwenden.

Auch das  Marburger Stadtparlament, der SPD-Oberbürgermeister und ein ehemaliger CDU-Landtagsgeordneter setzten sich für ihn ein.

Selbst der hessische Landtag sprach sich gegen die Berufsverbote mehrerer hessischer Betroffenen aus. Die  Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf rügte nach einer Anhörung Herbert Bastians die Bundesregierung wegen der Praxis der Berufsverbote.

1990 wurde Herbert Bastian nach einem „Gnadenerlass“ des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker wieder in seinen Beruf eingesetzt. Er starb 2001. Nicht zuletzt hatten der ständige Wechseldienst bei der Post und die Belastungen durch das Berufsverbot seine Gesundheit untergraben.